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[B1L] Berlin-Wahl zur Wahlperiode 2 entschieden

PFLÜGLER IM AMT BESTÄTIGT, ATZOLD GEWINNT KNAPP, OZU ERSETZT KOIZUMI

[08.10.2074] Eigentlich hatte niemand mit Überraschungen bei der ersten regulären Wahl der Bezirksvertreter von Wahlperiode 2 gerechnet – umso spannender war der „Falkenseer Krimi“, der die Zuschauer daheim und in den Berliner Kneipen während der letzten beinahe 40 Stunden in Atem hielt.

Es begann mit der ersten Übertragung der Live-Stimmeneingabe nach Freischaltung der Kommlinks gestern um 10:00 Uhr vormittags. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Tempelhof und Prenzlauer Berg bereits aus dem Rennen verabschiedet: In beiden Konzernbezirken wurde der Bezirksvertreter bereits im Laufe vorangegangener Wochen intern bestimmt und bereits vor der Wahl bekanntgegeben: Während Dr. Franziska Landolt für Saeder-Krupp in Tempelhof im Amt bleibt, wird der bereits seit Längerem Abwesende Renraku-Vertreter Ichiro Koizumi durch seinen Stellvertreter Takeshi Ozu ersetzt.  

Geradezu enttäuschend unspannend verliefen ebenso die vielbeachtete Wahl zum Zweiten Bürgermeister, bei der sich wie erwartet Morek Pflügler innerhalb weniger Stunden auf uneinholbare 80% der Stimmen emporhob (Endergebnis um 22:00 Uhr: 84,6%), sowie die Stimmeinspielungen aus Pankow (Wladimir Igorewitsch Bronstein mit 98,8% der Stimmen).

Indem sich der Bürgermeister plus drei der sieben Bezirke früh aus den Wettquoten und Public Viewings verabschiedeten, rückten die verbleibenden vier Bezirke umso stärker in den Blick, auch wenn in dreien davon nicht das eigentliche personelle Endergebnis, sondern der genaue prozentuale Wahlausgang schon vom Wettaspekt her entscheidend war:

So stieg Lena Rabeja in Köpenick zwar in der allersten Datendurchgabe mit den für die kommunistischen Bezirke erwarteten „90%+“ ein, verlor aber im Laufe des Nachmittags und frühen Abends immer weiter Anteile an ihre gleich drei ernstzunehmenden Herausforderer Andrzej Slupinski (parteiloser Kommunist), Isabelle Vesely-Barchmann (KPD Berlin, früher KMLMPD) und Clemens Streußner (parteiloser Antikommunist). Zwischen 19:00 und 20:30 Uhr sah es sogar so aus, als ob die Wiederwahl der mit Shiawase verbandelten Parteikommunistin Rabeja in Gefahr geraten würde: Auf dem Tiefpunkt der Entwicklung lag Lena Rabeja bei nur noch 52%, Streußner bei 21%, Vesely-Barchmann bei 15% und Slupinski bei 9%. Erst ein Aufruf der Bezirksvertreterin Rabeja live im Studio des Roten Kanals, „gemeinsame Front“ gegen Streußner zu machen, zu dessen Geschäftspraktiken und umfassenden Spenden aus LDFP-Klüngeln sie vor laufenden Kameras Beweise vorlegte, sollte die ehrgeizige Politikerin auf ihr Endergebnis von 63,6% heben (Vesely-Barchmann 16,8%, Slupinski 6,2%, Streußner 13,2%). Entgegen dem in Köpenick üblichen Prozedere verlautbarte Lena Rabeja nach ihrem Wahlsieg, dass es „keine von Hand vorgenommene Stimmauszählung“ geben werde, und nahm damit Bezug auf Streußner-Unterlagen, die eine massive Sabotage des Prüfungssystems durch Bestechung von Wahlhelfern nahelegte. Selbstverständlich würden aber „alle Wahldaten“ an „öffentliche Knoten des alternativen Berliner Kabelnetzes“ gegeben, damit die Netzgemeinschaft diese „unabhängig und mit eigenen Augen“ prüfen könne.

Ähnlich spannend wie in Köpenick ging es auch im biederen Mitte zu: Auch hier stand die Wiederwahl des FBV-Vertreters und Berliner PNE-Parteiführers Dr. Alexander Schmidt nie zur Debatte, ein hohes Ergebnis von „15%+“ seines Herausforderers Dr. Paul Zöller (Berliner Bankenverein/HKB) war aber als Signal an Dr. Schmidt bewertet worden, seine Verbindung zur PNE entweder zu lösen oder von der Repräsentanz des Bezirks Mitte Abstand zu nehmen – und möglicher Weise auch von seiner Tätigkeit für den FBV, dessen Mitarbeiter sich zunehmend unangenehm berührt fühlen durch die öffentlichen Auftritte ihres Vertreters Schmidt. Sollte diese Signalwirkung bestehen, so ist sie jedenfalls mit dem Endergebnis von 32,6% für Dr. Paul Zöller überdeutlich zum Ausdruck gebracht worden – eine derbe Schlappe nicht nur für Dr. Alexander Schmidt, sondern auch den FBV in Berlin. Der unglücklichste Gewinner der Berlin-Wahl war am Abend zu keinem Kommentar bereit. Zu seiner eigenen Wahlparty war er nicht einmal persönlich erschienen, hatte nur einen Videogruß an seine Anhänger überstellt.

Schon aufgrund des Umstandes, dass der amtierende Erste Bürgermeister und Ratspräsident Yilmaz Wojenko aus Spandau kommt, galt der Spandauer Wahl besondere Aufmerksamkeit. Diese steigerte sich, als Wojenkos einzige relevante Herausforderin Doris “Yori” Floricic von der “masterControl Agentur für Netzüberwachung” in den Livedaten früh die psychologisch wichtige Stimmanteilsschwelle von 10% überschritt. Trotz anhaltend hoher Zustimmungswerte zu Wojenkos Politik als Berliner Bürgermeister hatte der smarte Psi-Aid Konzernmann zuletzt mit Protesten im eigenen (Norm-)Bezirk zu kämpfen, dessen Entwicklungsdaten sich nach wie vor steil abwärts bewegen. Auch wenn die Berliner Start-Up Unternehmerin und Ex-Hackerin sich mit einem Endergebnis von 28,8% noch deutlich entfernt von einem Wechsel an der Spandauer Spitze sah, hat man in jedem Fall nun ihren Namen in ganz Berlin gehört, und nicht wenige rechnen damit, von dieser aufstrebenden Kraft in Zukunft noch einiges zu hören.

Absolute, nervenzerfetzende Spannung indes verursachte die Wahl in Falkensee, deren Ausgang quer durch alle Berliner Buchmacher als „offen“ betrachtet wurde: Der gemeinhin als inkompetent und korrupt geltende Bezirksvertreter des Bankrottbezirks Steffen Atzold sah sich mit Herausforderer und Döner-Löwe Aslan Özdemir und Herausforderin Friederike Kuhnert von der USPD Falkensee konfrontiert, die dank des per Daten belegbaren Vollversagens des Bezirksvertreters die allerbesten Argumente zu dessen Abwahl in der Hand hatten. Umso bestürzter waren Wahlbeobachter, Moderatoren und Zuschauer, als Atzold sich im Laufe des Tages von dem „verdienten“ Start von 19,2% gegen 48,0% für Özdemir und 22,4% für Kuhnert zu über mehrere Stunden stabile 29,9% gegen 34,5% für Özdemir und 31,6% für Kuhnert emporkroch, um schließlich bei Einbruch der Dunkelheit das von den Medien als „Schande“ bezeichnete Endergebnis von 32,3% gegen 32,0% für Özdemir und 30,8% für Kuhnert zu erreichen – nicht zuletzt aufgrund der Versprechung, im Falle eines Wahlsieges allen „nachweislich Einkommenslosen“ von Falkensee eine „Riesenparty mit Freibier, Koks und Nutten“ zu spendieren. Rechte Gruppen beeilten sich, den späten Wahlsieg Atzolds denjenigen metamenschlichen Wählern anzudichten, die aufgrund von Lichtallergien erst nach Sonnenuntergang an der Wahl teilnehmen. Der sogenannte „Lichtknick“ in der Stimmabgabe ist seit Langem in der Live-Stimmabgabe nachzuverfolgen, auch wenn die mobile Stimmabgabe Wahlen bei Tageslicht auch aus abgedunkelten Privaträumen heraus erlaubt und eine nächtliche Stimmabgabe für Lichtallergiker somit nicht mehr notwendig wäre. Özdemir und Kuhnert zeigten sich „enttäuscht“ von dem Ergebnis und einer Wahlpolitik, die es demjenigen, der mit fast 70% der Stimmen abgewählt wurde, dennoch erlaubt, sich als Repräsentant des Bezirkes auszugeben. Angeblich strengen Özdemir und Kuhnert unabhängig voneinander eine Neuwahl und/oder Strafverfahren gegen Atzold wegen Veruntreuung von Bezirksgeldern an. Atzold nannte diese Vorwürfe „lachhaft“ und Kuhnert „eine derbst unterfickte Kuh“.  

Oh, what a Night. Hab zwar vierhundert Steine bei den Wetten verloren, aber das war ganz großes Entertainment.
 Zaffke

Unterhaltsam, ja. Trotzdem: Ein schwarzer Tag für die Berliner Demokratie und die Alternative Bezirkspolitik. Den Fall Atzold wird man jetzt noch mehr als davor als bestes Beispiel anführen, warum alternative Politik keine Zukunft haben darf.
Fienchen

Was vermutlich der Grund ist, aus dem er wiedergewählt wurde. Jedenfalls hat er für diese Wahl mehr Geld in Umlauf gebracht, als er oder die Falkenseer Kasse hat. Da steckt ein Konzernsponsor hinter. Freiwillige vor, Beweise dafür zu finden!
Roter Oktober

Der Move von Rabeja stinkt ja geradezu nach Schattenarbeit. Weiß da wer was?
Russenrigger

Lena Rabeja hat doch dauernd Runner am Laufen. Sollte mich nicht wundern, wenn sie das Material seit Monaten hatte, um es dann medienwirksam ihrem Herausforderer in den Unterleib zu rammen.
Konnopke

Ganz so einfach ist es diesmal nicht. Zwar gingen eine ganze Reihe Jobs raus, Dreck über buchstäblich jeden Kandidaten zu bekommen, der größte Auftraggeber für Köpenick-Runs war aber offenbar ein Typ namens Claas Stemmer, den ich inzwischen mit einer ebenso falschen Identität des MIFD in Verbindung bringen konnte.
Tolstoi

Ich wage mal eine Wette: Atzold wird seine Amtszeit nicht überleben. Seid also vorsichtig, bei wem ihr Döner kauft.
Fienchen

2 Antworten zu “[B1L] Berlin-Wahl zur Wahlperiode 2 entschieden

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