Wir stehen Stand Juni 2020 noch immer am Anfang der Sechsten Edition von Shadowrun. Das bedeutet, dass für viele spezielle Situationen und Ausrüstungsgegenstände noch keine Regeln existieren – und ob diese jemals kommen, kann keiner sagen.
Kein Problem, an und für sich. Wie im just auf SR6 aktualisierten Artikel „13 Kniffe, die jeder SL kennen sollte“ gesagt, ist die Bandbreite von Schwierigkeiten und Modifikatoren bei Shadowrun trotz vieler hundert Seiten Regeln ohnehin sehr begrenzt (Tipp #13). Jeder SL und jede Gruppe kann etwaige fehlende Regeln problemlos selbst erstellen, sofern man denkt, das überhaupt zu brauchen. Es kommt keine Regelpolizei. Versprochen.
Dennoch: Die Erfahrung lehrt, dass sich die Shadowrun-Regeln vor allem auf neue bzw. Hightech-Geräte und deren Regelauswirkungen konzentrieren. Improvisierte Lowtech-Waffen, wie sie im anarchistischen Berlin alle Nase lang vorkommen, werden in aller „Regel“ (ha-ha) nichtmal bis zum Ende der jeweiligen Edition mit offiziellen Regeln bedacht.
Genau aus diesem Grund gibt es im Quellenband Berlin 2080 einen „Serviervorschlag“ für Molotov Cocktails. Weil es auch in der Sechsten Edition vermutlich nie Regeln für Mollis geben wird.
Aktuell ist ja das „Feuer Frei!“-Buch für zusätzliche Kampfregeln und -Ausrüstung erschienen. Hätte es darin offizielle Regeln für Mollis gegeben, wäre der Serviervorschlag im Berlin-Buch natürlich obsolet bzw. nur eine Anregung für eine alternative Hausregel. Wenig überraschender Weise aber gibt es in dem Buch keine Molli-Regeln. Und, langer Rede, gar kein Sinn, auch keine Regeln für das Thema dieses Posts: STEINSCHLEUDERN.
Serviervorschlag: Zwillen
Steinschleuder, Flitsche, Katschi, Zwackel, Zwuschel, Fletsche, Zwistel, Zwiesel, Katapult, Kartzi, Schlatsche, Kreuzbergschleuder, Spatzenschießer, Zwockel, Gambel, Schlatte – so vielfältig wie ihre Anwendungsmöglichkeiten sind auch die Namen der klassischen Schleuder, für die es in Shadowrun (Stand Juni 2020) zuletzt in der Fünften Edition „ordentliche“ Regeln gab (SR5 Kreuzfeuer-Quellenband, Ares Giantslayer Zwille, S.23).
Weil wir Shadowrun Berlin sind, konzentrieren wir uns natürlich auf die Berliner Spielarten der Zwille, also jene Anwendungsmöglichkeiten, Modelle und Regeln, die aktuell (2080) in der Spreestadt besonders angesagt sind.
Grundsätzliches
Zwillen werden mit der Fertigkeit „Athletik“ abgefeuert (SR6 S.107) und besitzen ähnlich wie Bögen eine Stufe, welche die Mindeststärke angibt, die man zum Spannen und Abfeuern des jeweiligen Modells benötigt.
Genau das macht die regeltechnische Erfassung von Zwillen etwas diffizil: Weil sie eben sowohl „wie Bögen“ massive Geschosse verschleudern (Steine, Stahlkugeln) als auch „wie Granatwerfer“ eingesetzt werden können.
Berliner Zwillen
Hier stelle ich euch vier Zwillen vor, die in Berlin sehr beliebt sind. Natürlich gibt es eine unendliche Vielzahl von handgefertigten und industriell vertriebenen Modellen, so dass die vorgestellten Modelle höchstens als erste Orientierung gelten können.
Für den direkten Schaden wird davon ausgegangen, dass massive Stahlkugeln im 10-mm-Kaliber verwendet werden. Größere Geschosse können auf extrem nahe Distanz mehr Schaden verursachen, erhalten aber heftige Abzüge bei mittleren und weiten Distanzen.
Barzani Edelzwille
Die Eiswerder Waffenmanufaktur Barzani stellt quasi den Standard der modernen Berliner Kampfzwille her: Eine Serie aus leichten, aus Kompositmaterialien um einen Aluminiumkern gefertigten Schleudern in diversen Designs – die Meisten sehr traditionell und schnörkellos, aber es gibt auch extrem aufgepimpte Modelle mit Perlmutt- oder Goldbeschichtungen, individueller Griffanpassung und Montageschienen für Laser, Lampen oder Entfernungsmesser.
Das Berliner Mantelmesser ist die örtliche Variante des Schweizer Taschenmessers: Ein überraschend massives, etwa 15 cm langes Multifunktionstool mit ausklappbarer Kampfmesserklinge, Säge (mechanisch oder batteriebetriebene Monosäge) und weiteren „Werkzeugen“ (inkl. Modellen mit integrierten Dietrichen oder Monofilamentpeitschen), zu denen auch zwei Wurfarme für den Einsatz als Zwille zählt (das Spannband wird als Umwickelung des Griffs verwendet).
Diese High-End-Schleuder wurde gezielt für Leute mit extremer Kraft entwickelt. Die massive Waffe verfügt über Protektoren für den Unterarm, um Verletzungen durch das schnalzende Polymerband zu verhindern. Ein integriertes Smartsystem misst Entfernungen und Winkel und zeigt in Echtzeit den Flugweg von Massivgeschossen wie Granaten an, um perfekte Zielgenauigkeit zu bieten.
„Moment mal“, mag jemand sagen, „wenn ich einen Molli per Zwille verschießen will, muss ich laut Berlin 2080 und den hier präsentierten Zwille-Regeln ja unter Umständen 3 Haupthandlungen (1 zum Vorbereiten des Mollis (kann vor Kampfbeginn vorbereitet werden), 1 zum Anzünden des Mollis, 1 zum Bereitmachen des Waffe) ver(sch)wenden, ehe ich das Geschoss auf die Reise schicken darf!“
Jup. Genau. Einer der vielen Gründen, warum Mollis lieber geworfen werden und sich ganz generell irgendwann Schusswaffen durchgesetzt haben. Sogar in Berlin.
Gründe für Zwillen
Zwillen haben einige Nachteile, vor allem die Notwendigkeit, die Waffe für das Geschoss bereit machen zu müssen. ABER es gibt auch Vorteile.
Zum einen braucht es keine spezielle Skill, um mit Zwillen zu schießen, nur Athletik. Außerdem sind Zwillen selbst 100% mechanisch und tauchen samt Stahlkugelgeschossen auf Waffenscans nicht auf (auf Metallscans an Flughäfen schon, aber es gibt auch Zwillen und Geschosse, die nicht metallisch sind).
Last but not least lässt sich mit der Adeptenkraft „Verbesserte Fähigkeit“ ein echt fieser Parkour-/Zwillenfighter basteln …