Shadowrun Berlin

Die Online Erweiterung von Andreas AAS Schroth

Drachenbrut 01 | Mit den Augen der Katze (5)

HAMBURG | 2053

Durch ein verdrecktes Stück Glas dringt fahles Licht in die winzige Kammer. Ein Elf mit aschfahlem Gesicht und rabenschwarzem Haar liegt auf einer Matraze, den Blick starr an die Decke geheftet. Durch den zerlöcherten Vorhang dringt Musik und das geschäftige Treiben von nebenan, wo das Geld aus der fernen Stadt Hamburg an den Leibern junger Mädchen nagt. Körpersäfte aller Art mischen sich in den abgestandenen Geruch von Sumpf und Fäkalien, von Chemie und Verfall.

Vor dem Fenster hängt die kleine Nachbildung eines Kirchenfensters, das das trübe Tageslicht in matte Farben zerfasert. Zuweilen wandert der Blick des Elfen zu diesem Fenster-im-Fenster, der Geist ruhend an den Gedanken daran, wie er es aus zarten, kleinen Händen zum Geschenk erhielt. Händen, die eben nur wenige Schritte entfernt dabei sind, einen massiven Körper zufriedenzustellen.

Asche tropft von der längst ausgerauchten Zigarette, rollt über die dünne Decke hinab zum Boden in ein Labyrinth aus Elektronikbauteilen und Kleidungsstücken.

Der Elf legt den Kopf zurück, fixiert wieder die Decke. Indem er langsam ausatmet, erwachen seine Cyberaugen zu ihrem morbiden Eigenleben. Blaue Himmel füllen sich mit weißen Wolken, goldenem Licht, das von den Bäumen des Gartens begierig aufgetrunken wird. Das Bild zoomt schwebend auf ein Haus zu, das am Horizont erscheint, umgeben von einem Labyrinth aus grünen Hecken. Es schwebt an einem efeubewachsenen Turm empor, findet ein Fenster, dessen Verstrebungen rankenden Pflanzen nachempfunden sind. Durch die Fensterscheiben erscheint das bleiche Gesicht eines Jungen, der verträumt nach draußen starrt.

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