Shadowrun Berlin

Die Online Erweiterung von Andreas AAS Schroth

Drachenbrut 05 | Von Dämonen und Engeln (11)

HAMBURG – 2054

In seinem Versteck in Wildost fliegen Tolstois Finger über die Tasten, unterdessen sein Icon tranceartige Bewegungen mit den Händen vollübt. Bis eben noch waren der Rigger und er in Matrix-Konferenz gewesen, ein Vorgang, der den Elfen einiges an Beherrschung gekostet hatte. Simple Suchroutinen hatten ihm die Natur von Sublights Deck verraten, wenigstens den Typen – aber dieser reichte auch bei weitem, Tolstoi über alle Maßen zu verärgern.

Sublight, der neue, aufsteigende Star unter den Deckern, hatte sich verabschiedet mit den Worten, er wolle bezüglich eines Matrix-Problems einen Freund anrufen.

Pah.

Tolstoi hatte nicht einmal Sublights Dossier laden müssen, um den Namen seines „Kontaktes“ zu erraten.

Als Neuling nahm Sublight den Kontakt zu BlackRose natürlich via Telefon auf – eben jenes Telefon, das eben noch per geschlossener Konferenzleitung mit Tolstois Deck verbunden war. Die CPU des Telefons davon zu übverzeugen, daß Sublight nicht aufgelegt, sondern lediglich die Konferenz um einen Kanal (dessen Nummer er eben eingab – Roseworx – Affirmative) erweitert hatte, war ein Kinderspiel gewesen.

Nun galt es, Tolstois Anwesenheit vor den Augen von BlackRose zu tarnen. Ein nahezu unmögliches Unterfangen, bedenkt man ihre Fertigkeiten und vor allem ihr Deck, aber eine Kleinigkeit durch eben jenen Umstand, den Tolstoi als ihren Schwachpunkt festgemacht hatte: Sie kommt nicht von der Straße.

Gemäß seinem psychologischen Profil von ihr darf es als unwahrscheinlich gelten, daß BlackRose eine Leitung überprüft, wenn ein vertrautes Gesicht – wie das von Sublight – erscheint. Jedenfalls dann, wenn dieser keine Sicherung der Leitung erbittet (wozu Sublight dank seiner Arroganz niemals fähig wäre) oder wenn nicht Gespräche höherer Geheimhaltung vorliegen – was bei dieser Anfrage wahrscheinlich nicht der Fall war.

Die Stealth-Routinen hochgefahren, lauscht Tolstoi dem Gespräch.

Begrüßung, belangloses Erkundigen nach Wohlbefinden und derzeitigen Operationen, die Anfängerklasse trifft sich Mittwoch von 9 bis 13 Uhr… und schon horcht Tolstoi auf.

„…ruft dauernd so ein Typ an, so ein Psycho, der mich fertigmachen will. Scheiße, der kennt echt viele Details aus meinem Leben, die er nicht kennen dürfte, und das Schlimmste ist, daß er mir einreden will, daß er HEL ist ! Dryad hat sich auch schon drangehängt….“

Tolstois Gedanken überschlagen sich, kommen zum einzig möglichen Schluß.

Jezariael – Hel ? Was, wenn das stimmt, oder – Scheiß drauf – Jezariael alles weiß was Hel wußte… Über diesen Drachen-Vorfall, für den Hel gegeekt wurde. Denn gerade über diesen Punkt, der den Ausgangspunkt für Tolstois Datenjagd nach Drachen gebildet hatte, hatte er nichts weiter erfahren können. Riesige Teile des Puzzels fehlten, die Quellen langsam erschöpft, das Material unbrauchbar, wenn man nicht weiß, wonach man suchen soll.

Jezariael – Derselbe Typ, der die verdammte Valhalle nach Oblivion geblasen hat, jetzt schon seit fast 2 Monaten. Unangenehmer Zeitgenosse. Profi.

Psycho, aber Profi – und hier lächelt Tolstoi leicht, indem er sich selbst wiedererkennt – und konzentriert sich wieder auf das Gespräch.

BlackRose verweigert die Infos über Beiersdorf, nach denen Sublight gefragt hat. Erwähnt, daß sie genau wegen diesen Dingen nicht mehr im Geschäft ist, seitdem dieser Drache (!!!) sie angerufen hat.

Tolstoi beißt sich auf die Lippe. Die Daten über Beiersdorf liegen nach BlackRose“ Arbeitsweise auf einer Wechselfestplatte vom Typ WORM. Keine Chance, extern zuzugreifen.

Shit.

Run gegen Roseworx ? Unsicher, sie hat die Daten, vor denen sie solche Panik hat, garantiert irgendwo versteckt.

Sie hat ein Kind, ergo nicht zu Hause.

Vielleicht bei Dryad. Unwahrscheinlich.

Bankschließfach – möglich.

Sie hat eine SIN. Schlecht für sie.

Wäre sie Straßendecker, hätte sie trotzdem bei irgendeiner eher anrüchigen Bank das Fach gemietet, vielleicht sogar in einem Busbahnhof, aber ihr Hirn wurde Kon erzogen und wird immer Kon bleiben – siehe RoseWorx, diesen Stuß.

Er klinkt sich aus, ehe Sublight das Gespräch beendet. Schaltet den Computer kurz aus, dann wieder an und kehrt zu den Netzkoordinaten zurück, wo Sublight und er ihr Gespräch fortsetzen.

Der geldscheißende Idiot.

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