Shadowrun Berlin

Die Online Erweiterung von Andreas AAS Schroth

Drachenbrut 05 | Von Dämonen und Engeln (7)


HAMBURG – 2053

Ein flackerndes Icon wendet seinen blau-flammenhaarigen Schopf um, fixiert die Iconographie der Node. Ein kurzes Aufleuchten seiner Augen, und das Analyseprogramm bestätigt ihm die Richtigkeit seiner Location.

Sicherlich ist es kein feiner Zug, in das Deck eines anderen Runners einzusteigen, aber mit feinen Zügen erfährt man erstens nichts, und zweitens ist das hier auch kein richtiger Runner.

Die letzten zwei Stunden hat er in vollem Cloak-Modus abgewartet, daß dieses Deck Online geht, nachdem er dessen Besitzer von Verkehrskamera zu Verkehrskamera verfolgt hatte.

Als die schlanke Gestalt der gesichtslosen Fee im Licht der Matrix verschwunden war, hatte er sich vorsichtig durch die äußere Absperrung in das Innere des Decks vorgearbeitet. Nun befindet er sich im I/O-Zwischenspeicher, und wartet.

Er wäre auch selbst in den SK-Mainframe eingestiegen, nur eben nicht mit seinem Deck, und außerdem hatte er durch seine Jahre auf der Straße gelernt, daß man immer den einfachsten Weg gehen sollte – und von der Ziel-Location dieses Deckers war er sehr überzeugt.

In einem beengten, von Rosen überwuchertem Raum sitzt er nun, zu seinen Füßen ein leuchtender Bach ein- und ausströmender Datenimpulse. Er hält eine Hand in den Strom, läßt den Fluß der Daten, hinterlegt von seiner Hand, an den Augen vorbeiziehen.

Leise verflucht er erneut die Langsamkeit seines Computers. Hätte er ein ASIST, könnte er die Daten fühlen, spüren, was vor sich geht. So aber ist er dazu verdammt, in aberwitziger Geschwindigkeit vorbeiscrollende Ziffern, Befehlszeilen und sinnlose Grafikzeichen lesen zu müssen, oder doch wenigstens seine Augen lange genug an einer Zeile festbeißen zu können, um ihren Sinn zu erfassen.

Ein automatischer Download der Daten kommt nicht in Frage – dafür ist das Deck viel zu gut abgesichert. Selbst geringe Störungen des Datenflusses würden von der Kon-Deckerin sofort bemerkt werden, und so bewegt Tolstoi seine Hand nur knapp unterhalb der Wasseroberfläche und versucht, sie nicht zu bewegen.

Mit seiner zweiten Hand gibt er Befehlszeilen ein, konstruiert ein BackUp-Programm, daß er dem fremden Deck-CPU als eigenes Programm verkaufen will. Vorsichtig schleust er die Codesequenzen ein.

Mit mehr Glück, als ihm lieb ist, wird die Annahme des Programms bestätigt. Mittels einer leichten Bewegung seiner Hand im Wasser wird ein Block von 3 Zeilen kopiert, verharrt gerade lang genug, daß man ihn lesen kann, in der Luft, und verblasst dann wieder. Tolstoi spekuliert darauf, daß die Deckerin derzeit zu beschäftigt ist, um ein Nachlassen der effektiven Rechenleistung um 0.002% zu bemerken, und konzentriert sich auf die Datenblöcke.

-(FDGHGF-55645-sc-3663-79679)-

-(4356vcwnoGHF-345-sc-563afa)-

-(wetb -ufx536-sc-200.000-m-180853-d)-

Aha. Eine Suchroutine für ein Browse-Programm. Suchbegriff 200.000ecu und das Datum 18.08.2053. Volltreffer.

Ein weiteres kurzes Scannen der Blöcke, bis die Access-Routine aufgerufen wird, dann wechselt Tolstoi blitzschnell in den I-Port. Die Worte des Textfiles strömen über das Display Link seiner Cyberaugen, die er lokal – d.h. direkt innerhalb einer Display Link CPU – auf „freeze“ schaltet, wodurch die Daten automatisch in den Kurzzeitspeicher seiner Baba Yaga Windows of the Soul Schnittstelle gelangen, von der aus er die Daten via Datajack-Splitleitung auf die Festplatte seines Computers überträgt – und die Verbindung kappt.

Sein Blick huscht über die Buchstaben im Inneren seiner Augen:

„WESCEW&%$GF/W/CD&MI$%CH$%CAEL::HALLO|122| FRAU LACROIX|100||W134|ODER BESSER|455| BLACKROSE|100| ES FREUT MICH SEHR|122| DA|343|ES IHNEN GELUNGEN IST|122| …“

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